Romeo und Julia an der Bernauer Straße By Franz Kain

Romeo und Julia an der Bernauer Straße By Franz Kain Hardcover 9783852524191 Romeo und Julia an der Bernauer Straße Der künstliche Sternenhimmel über dem Tanzparkett des Ballhauses im Norden Berlins blinkte wie sonst; an diesem Wochentag aber waren es nur wenige Paare, die er in rote und blaue Dämmerungen hüllte. »Ist alles Käse«, sagte eine junge Frau zu ihrem schwarzhaarigen Freund und gähnte dabei. »Dir gefällts wohl heute?« fragte sie dann spöttisch das junge Mädchen, das an ihrer Seite saß und unschlüssig zum Tanzboden hinübersah. »Warum nicht?« gab das Mädchen zurück. »Heute ist wenigstens genug Platz zum Tanzen, sonst ists doch immer nur ein Geschubse.« Der junge Mann saß zerstreut zwischen den beiden und strich sich nervös über das glatte, peinlich korrekt gescheitelte Haar. Sein Blick streifte zuweilen die Gestalt der Jüngeren, die einen enganliegenden grünen Pullover trug. »Wie eine Katze ist sie«, dachte er, »wenn ihre Bewegungen auch noch eckig sind.« Spielte die Kapelle nicht, dann hörte man von der Theke her manchmal ein Kichern; da hatte einer der Gäste, die auf den hohen Hockern saßen, den Mädchen an der Bar etwas Zweideutiges gesagt. Das Ballhaus, in dem sich in den »langen Nächten« hunderte Menschen tummelten, machte heute einen kahlen Eindruck. Die Galerie, die sonst immer zuerst besetzt war, hatte keinen einzigen Gast. Die Stühle standen in einer so nüchternen Ordnung an den Tischen, als ob eben erst aufgeräumt worden wäre, und die Kellner trugen nur zwei Gläser auf ihren Tabletts. Die Musik wirkte aufdringlich, und die farbigen Papiergirlanden hingen wie müde, welke Blätter an der Brüstung der Galerie. Vergeblich suchte der Kapellmeister, der das Ballhaus auch mit schnurrigen Kommentaren zu unterhalten pflegte, Stimmung in den großen Saal zu bringen. Gegen Mitternacht brachte er zwar seine tägliche Attraktion er fragte mit schmalziger Stimme, ob die Damen, so wie es sich gehöre, ihren Kavalieren auch schon sittsam die Schlüssel übergeben hätten, bevor die letzten Tänze kämen , doch während diese Frage sonst ein übermütiges Geschrei auslöste, hing heute das Lachen, das von den wenigen besetzten Tischen kam, dünn und zerbrechlich, wie verloren in dem großen Saal. Der Kapellmeister des Ballhauses wußte als erfahrener Mann, daß man eine solche Flaute nicht aufpulvern kann, sondern warten muß, bis sie vorüber ist. Er setzte sich ans Klavier und klimperte die Anfangstakte eines Schlagers aus der Großmut terzeit. In einer Ecke des Tanzsaales saßen an einem kleinen Tischchen drei Betrunkene, die sich bisher nicht bemerkbar gemacht hatten. Jetzt aber fielen sie sofort in das Lied ein, als hätten sie schon den ganzen Abend darauf gewartet. »Waldesluuust, Waldesluuust, 0 wie einsam schlägt die Brust « Die Jüngere schaute ihre Nachbarin fragend an. Die seufzte ein wenig und sagte, während sie sich erhob: »Jetzt bin ich wieder dran.« Dabei dachte sie: »So ein kleines Biest! Tanzt immer dann, wenn wir allein auf dem Parkett sind, damit sie ja alle Männer sehen.« Die Betrunkenen gaben ihren Stimmen einen schluchzenden Klang. »Meinen Vater kenn ich nicht, Meine Mutter will mich nicht. Und sterben kann ich nicht, Bin noch so jung.« Und während die drei am Tisch in immer wehmütigere Töne versanken, tanzten die beiden Mädchen zu denselben Klängen einen schnellen, wirbelnden Walzer. Die Ältere brauchte ihre Tanzpartnerin kaum zu führen. Die schien ganz hingegeben an diesen seltsamen Rhythmus, ihre Augen glänzten, und sie hatte ein seliges Gesicht. Auf der anderen Seite der kreisrunden Tanzfläche saß an einem winzigen Tischchen ein junger Mann. Sein Bier hatte längst den Schaum verloren. Er hatte schon eine Stunde lang unablässig die beiden Mädchen und ihren Begleiter beobachtet, die ihm, getrennt nur durch die Tanzfläche, gegenübersaßen. »Sie ist wie eine Feder«, dachte er, wenn er das Paar an sich vorüberwirbeln sah. Die Tanzenden hatten den Platz ganz für sich allein, und sie maßen ihn aus wie nach einem Zirkel strich. An einer Stelle hatte sich der Parkettboden geworfen, und die »Scheuerratten«, wie man hier die Tanzbesessenen nennt, sagten, daß man in diesem Ballhaus Wellenreiten könnte. Tanzten die beiden Mädchen über diese Stelle, so schienen sie in die Luft hinauszuschweben. Einmal stieß die Jüngere einen spitzen Schrei des Entzückens aus. Ihr Rock war wie eine Glocke, ihre Füße schienen kaum den Boden zu berühren, und ihre schlanken Beine zogen die Blicke aller Männer an. Sogar die Gäste an der Theke drehten sich dem Tanzboden zu. Das blonde Haar des Mädchens flatterte lustig um den Nacken ein Bild voller Frische und Fröhlichkeit. Der Zwanzigjährige begegnete dem Blick des anderen drü¬ben, der mit den Mädchen am Tische saß und jetzt auf ihre Rückkehr wartete. Ein leiser Spott lag in diesen Augenwinkeln. »Mach nur Kulleraugen!« sagte der Blick, »sie sitzt an meinem Tisch.« Nur die Betrunkenen hatten für die tanzenden Mädchen kein Auge. Sie sangen in einer beträchtlichen, heiseren Lautstärke: »Wenn ich einst gestorben bin, Tragt mich zum Friedhof hin, Deckt mich mit Erde zu, Dann hab ich Ruh.«

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Der k nstliche Sternenhimmel ber dem Tanzparkett des Ballhauses im Norden Berlins blinkte wie sonst an diesem Wochentag aber waren es nur wenige Paare die er in rote und blaue D mmerungen h llte Ist alles K se sagte eine junge Frau zu ihrem schwarzhaarigen Freund und g hnte dabei Dir gef llt s wohl heute fragte sie dann sp ttisch das junge M dchen das an ihrer Seite sa und unschl ssig zum Tanzboden hin bersah Warum nicht gab das M dchen zur ck Heute ist wenigstens genug Platz zum Tanzen sonst ist s doch immer nur ein Geschubse Der junge Mann sa zerstreut zwischen den beiden und strich sich nerv s ber das glatte peinlich korrekt gescheitelte Haar Sein Blick streifte zuweilen die Gestalt der J ngeren die einen enganliegenden gr nen Pullover trug Wie eine Katze ist sie dachte er wenn ihre Bewegungen auch noch eckig sind Spielte die Kapelle nicht dann h rte man von der Theke her manchmal ein Kichern da hatte einer der G ste die auf den hohen Hockern sa en den M dchen an der Bar etwas Zweideutiges gesagt Das Ballhaus in dem sich in den langen N chten hunderte Menschen tummelten machte heute einen kahlen Eindruck Die Galerie die sonst immer zuerst besetzt war hatte keinen einzigen Gast Die St hle standen in einer so n chternen Ordnung an den Tischen als ob eben erst aufger umt worden w re und die Kellner trugen nur zwei Gl ser auf ihren Tabletts Die Musik wirkte aufdringlich und die farbigen Papiergirlanden hingen wie m de welke Bl tter an der Br stung der Galerie Vergeblich suchte der Kapellmeister der das Ballhaus auch mit schnurrigen Kommentaren zu unterhalten pflegte Stimmung in den gro en Saal zu bringen Gegen Mitternacht brachte er zwar seine t gliche Attraktion er fragte mit schmalziger Stimme ob die Damen so wie es sich geh re ihren Kavalieren auch schon sittsam die Schl ssel bergeben h tten bevor die letzten T nze k men doch w hrend diese Frage sonst ein berm tiges Geschrei ausl ste hing heute das Lachen das von den wenigen besetzten Tischen kam d nn und zerbrechlich wie verloren in dem gro en Saal Der Kapellmeister des Ballhauses wu te als erfahrener Mann da man eine solche Flaute nicht aufpulvern kann sondern warten mu bis sie vor ber ist Er setzte sich ans Klavier und klimperte die Anfangstakte eines Schlagers aus der Gro mut terzeit In einer Ecke des Tanzsaales sa en an einem kleinen Tischchen drei Betrunkene die sich bisher nicht bemerkbar gemacht hatten Jetzt aber fielen sie sofort in das Lied ein als h tten sie schon den ganzen Abend darauf gewartet Waldesluuust Waldesluuust 0 wie einsam schl gt die Brust Die J ngere schaute ihre Nachbarin fragend an Die seufzte ein wenig und sagte w hrend sie sich erhob Jetzt bin ich wieder dran Dabei dachte sie So ein kleines Biest Tanzt immer dann wenn wir allein auf dem Parkett sind damit sie ja alle M nner sehen Die Betrunkenen gaben ihren Stimmen einen schluchzenden Klang Meinen Vater kenn ich nicht Meine Mutter will mich nicht Und sterben kann ich nicht Bin noch so jung Und w hrend die drei am Tisch in immer wehm tigere T ne versanken tanzten die beiden M dchen zu denselben Kl ngen einen schnellen wirbelnden Walzer Die ltere brauchte ihre Tanzpartnerin kaum zu f hren Die schien ganz hingegeben an diesen seltsamen Rhythmus ihre Augen gl nzten und sie hatte ein seliges Gesicht Auf der anderen Seite der kreisrunden Tanzfl che sa an einem winzigen Tischchen ein junger Mann Sein Bier hatte l ngst den Schaum verloren Er hatte schon eine Stunde lang unabl ssig die beiden M dchen und ihren Begleiter beobachtet die ihm getrennt nur durch die Tanzfl che gegen bersa en Sie ist wie eine Feder dachte er wenn er das Paar an sich vor berwirbeln sah Die Tanzenden hatten den Platz ganz f r sich allein und sie ma en ihn aus wie nach einem Zirkel strich An einer Stelle hatte sich der Parkettboden geworfen und die Scheuerratten wie man hier die Tanzbesessenen nennt sagten da man in diesem Ballhaus Wellenreiten k nnte Tanzten die beiden M dchen ber diese Stelle so schienen sie in die Luft hinauszuschweben Einmal stie die J ngere einen spitzen Schrei des Entz ckens aus Ihr Rock war wie eine Glocke ihre F e schienen kaum den Boden zu ber hren und ihre schlanken Beine zogen die Blicke aller M nner an Sogar die G ste an der Theke drehten sich dem Tanzboden zu Das blonde Haar des M dchens flatterte lustig um den Nacken ein Bild voller Frische und Fr hlichkeit Der Zwanzigj hrige begegnete dem Blick des anderen dr ben der mit den M dchen am Tische sa und jetzt auf ihre R ckkehr wartete Ein leiser Spott lag in diesen Augenwinkeln Mach nur Kulleraugen sagte der Blick sie sitzt an meinem Tisch Nur die Betrunkenen hatten f r die tanzenden M dchen kein Auge Sie sangen in einer betr chtlichen heiseren Lautst rke Wenn ich einst gestorben bin Tragt mich zum Friedhof hin Deckt mich mit Erde zu Dann hab ich Ruh Romeo und Julia an der Bernauer Stra e

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